Wir für den ORF / Enquete / Kundgebung für einen unabhängigen ORF / Wien, Karlsplatz, 6.6.2018
Rede Wiltrud Katherina Hackl, Gesellschaft für Kulturpolitik Oberösterreich
Herzlichen Dank und solidarische Grüße aus Oberösterreich! Oberösterreich – das ist jenes Bundesland, von dem sich die Bundesregierung in Sachen Kultur- und Medienpolitik ja so viel abschauen will. Eine Blaupause soll Oberösterreich sein, hören wir, wenn es um Einsparungen und wohl um die Instrumentalisierung von kritischen Medien und Kulturvereinen geht. Das, was etwa der Kulturrat Österreich am Bundesminister kritisiert – nämlich das Gespräch mit Vertreterinnen freier Medien und Kulturvereine zu verweigern – kennen wir in Oberösterreich seit etlichen Monaten. Termine mit dem Kulturreferenten oder seinen Mitarbeiterinnen – so überhaupt welche gewährt werden – werden mitunter ersatzlos und wenige Stunden davor gecancelt. Über die Streichung von Förderungen erfahren die Antragstellerinnen teilweise nur en passant. So etwa die beiden Herausgeberinnen des nicht nur für Oberösterreich maßgeblichen Kultur-Magazins Die Referentin – denen die sensationelle Jahresförderung 3000 Euro gestrichen wurde.
Das ist keine Art, mit Medienarbeiterinnen umzugehen.
Das ist keine Art, mit Journalistinnen umzugehen.
Und – es ist auch keine Art, ständig mit gewissem Unterton von „Mehrfachförderung“ zu sprechen, wie es der Bundesminister und der Landeshauptmann tun, wenn es um die Aufteilung der Fördergelder zwischen Stadt, Land und Bund geht. So als sei hier etwas Unlauteres im Gang. Freie, nicht-kommerzielle Medien aber nehmen niemandem etwas weg, ganz im Gegenteil, sie leisten einen wesentlichen Beitrag zu Demokratie.
Erfüllen dort, wo der ORF nicht mehr präsent ist oder sein kann – und das ist halt in den Regionen, außerhalb von Wien und außerhalb der größeren Städte sehr oft der Fall – einen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Wer also von Public Value spricht, sollte auch die freien Medien mitdenken.
Eine Forderung nach einem unabhängigen, starken ORF – und ich möchte diese Forderung unbedingt auf den ORF in den Bundesländern erweitern – muss also aus meiner Sicht einhergehen mit der Forderung nach Planungssicherheit für freie Medien!
Gerade in den Regionen nämlich braucht es ebenso Journalistinnen, die nachfragen und nachhaken, die politisch und ökonomisch unabhängig – auch weil zynisch gesagt sowieso absolut prekär – arbeiten. Braucht es welche, die lästig sind und Fragen stellen können. Die informiert sind, berichten dürfen und nicht lieb sein müssen. Die keine Karrieren von des Landeshauptmanns Gnaden in Lokalredaktionen anstreben sondern gute, journalistische Arbeit machen.
Die es aushalten, wenn ihnen der Wind aus der Kulturdirektion dafür etwas eisiger ins Gesicht bläst. Dass ausgerechnet jene aber nicht auf den Podien der Medienenquete des Bundesministers sitzen, zeigt auf skandalös eindeutige Weise, welche Bedeutung sie im Wertesystem des Medienministers einnehmen.
Medienpolitik ist Kulturpolitik – beide müssen in ihren Zielsetzungen klar formuliert, verständlich, nach Teilhabe und Teilnahme ausgerichtet, auf Zugänglichkeit achten und demokratisch sein. Wie sehr Medienpolitik aber genau in ihrer demokratischen Ausrichtung aktuell gefährdet ist, hat zuletzt u.a. die Historikerin Kathrin Quatember in ihrer Studie im Auftrag der KUPF u.a. zur Finanzierung rechter und rechtsextremer Medien in Österreich gezeigt. (https://kupf.at/blog/paralleldimension/)
Natürlich sind Medien immer auch identitätsstiftend für ein Land, für eine Gesellschaft. Was weder Medienpolitik noch Journalistinnen aber sind noch sein dürfen: bloße Instrumente der Macht – weder von links noch von rechts – die inhaltsleeres, beschwichtigendes Geplappere von einem bigotten, abstrusen Heimatbegriff wiederkäuen. In Oberösterreich sind wir aktuell auf dem Weg in diese Richtung und für den Bund schaut es offenbar nicht viel besser aus. Mit der KUPF (Kulturplattform OÖ) Initiative Kulturland retten! wurde aber in Oberösterreich in den letzten Monaten ein wichtiger und weithin hörbarer Gegenentwurf zu einer Spar- und Vereinnahmungspolitik im Bereich Kunst und Kultur formuliert, wurde Widerstand deutlich und sichtbar. Ich würde mir sehr wünschen, dass uns noch die Kraft und die Stimme bleiben, um diesen Gegenentwurf auch in Sachen Medienpolitik – bundesweit – zu formulieren.
Danke Euch allen!
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