Rede für die Kundgebung „Ohne Kunst & Kultur wird’s still“ Linz, KV Willy / KUPF am 18.3.2021
wkh 2021
Danke dem Kulturverein Willy für die Einladung, hier zu sprechen. Ich machs kurz, denn die Bühne hier soll in erster Linie den Künstler*innen gehören und was ich als Geschäftsführerin der Gesellschaft für Kulturpolitik zu sagen habe, kann man seit Monaten ohnehin lesen. Wir sind es alle wahrscheinlich schon leid, dass so vieles wirklich nur auf Druck passiert. Dass jetzt – ein Jahr danach – nur auf Druck der Interessensgemeinschaften hin über einen Kunst- und Kulturgipfel nachgedacht wird. Es ist unglaublich, wie schwierig das in einem angeblichen Land der Kultur ist. Etwas bewegt sich immerhin: 20 Millionen als Neustarthilfe für Kultur auf Bundesebene. Neustartbonus und 13 Millionen für Investitionsprojekt auch auf Landesebene. Das ist wichtig und gut. Aber es ist spät. Und – es bleibt so viel zu fordern. Denn – was es wirklich braucht, ist ein Umdenken – das betrifft die Kunst & Kultur, das betrifft aber genauso den Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit Umwelt & Natur, mit Produktionsbedingungen, mit Solidarität und wo sie endet.
Was es braucht, ist ein gemeinschaftliches Denken in all diesen Teilbereichen der Gesellschaft. Und was es kulturpolitisch braucht unterscheidet sich gar nicht soviel von dem. Kunst- und Kulturarbeit IST Arbeit, das heißt, wir brauchen Bedingungen, die es Menschen ermöglicht, von ihrer Tätigkeit zu leben. Kunst und Kultur sind nicht Luxus und sie sind auch kein Genussmittel – ich kann das ehrlich gesagt auch gar nicht mehr hören. Kunst & Kultur setzen sich auf verschiedene Weise mit Gesellschaft auseinander und sind deshalb Grundrechte. Wir alle haben ein Recht darauf, Kunst & Kultur zu sehen und sie zu produzieren. Kunst ist nicht verzichtbar. Die Auseinandersetzung mit und die Teilhabe an Kunst & Kultur muss zu jeder Zeit gewährleistet bleiben und wenn es analog nicht möglich ist, müssen Bedingungen geschaffen werden, die dies digital ermöglichen. Wir brauchen Räume – im erweiterten Sinn. Wir brauchen strukturelle Veränderungen vor allem auch bei Förderungen – ein Fördersystem, das sich immer nur nach Ökonomisierungslogiken und messbarem Output richtet, ist ein falsches Fördersystem.
Und – wir brauchen Politikerinnen, die sich wertschätzend vor allem mit kritischer Kunst & Kultur auseinandersetzen, und sich nicht von ihr bedroht fühlen. Politikerinnen, die Kunst & Kultur nicht als Instrument zur Manifestation ihrer eigenen Machtposition benützen. Denn – was es ganz gewiss nicht mehr braucht: gönnerhafte Poser und Posen, hier mal 500, hier mal 1000 Euro, denn man möchte eine weibliche oder „womöglich“ sogar queere Künstler:in oder Person of colour unterstützen. Was es nicht braucht, sind Kulturpolitiker:innen oder jene, die sich dafür halten, die jetzt erst drauf kommen, dass es Diversität braucht und schon gar nicht jene, die zurück zur Normalität* wollen, die systemrelevant sein wollen, die vieles wollen, bloß nicht: dass sich wirklich was ändert. Blöd, denn, was es jetzt aber braucht: eine echte Änderung. Der Verhältnisse, der Systeme, der Geschlechterordnung, der Hierarchien.
Danke.
(*Alles, womit vor allem junge Menschen jetzt auf psychisch, physisch, ökonomisch und ökologisch ihre Existenz gefährdende Weise konfrontiert sind, ist einem System geschuldet, das sich auf Normalität beruft. Eine Normalität, die es nie hätte geben dürfen – denn es ist nicht normal, dass Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen nicht von ihrer Arbeit leben können – ob vor, während oder nach Corona – es ist nicht normal, dass sie ignoriert werden, nicht gehört werden. Dass sie nicht mitgedacht werden.)
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